06.10.2021
In dieser Folge des Digital Insurance Podcast spreche ich mit Horst Nussbaumer, Chief Operating Officer bei der Zurich Gruppe Deutschland, über die richtige Balance von Innovation und Tradition.
Die Zurich Versicherung wurde 1872 gegründet, ist in 200 Ländern tätig und gehört mit einem Prämienvolumen von 35 Milliarden Euro in der Sachversicherung zu den größten Erstversicherern der Welt.
Die Corona-Krise habe der Branche gezeigt, wie schnell und entwicklungsfähig sie sein kann, erklärt Horst Nussbaumer. 4000 Mitarbeiter von einer Woche auf die nächste in Home-Office zu schicken und trotzdem den Kunden guten Service liefern zu können - diese Flexibilität im eigenen Unternehmen habe auch er unterschätzt. Was jetzt noch fehle, sei eine Unternehmenskultur, die solche Entwicklungen in Zukunft auch von selbst entstehen lassen kann. Entsprechende Veränderungen dürften aber nicht beim einzelnen Mitarbeiter Halt machen, sondern müssten sich bis in die oberste Führungsetage durchziehen.
Auf die Begriffe Hype und Substanz angesprochen, meint Horst, dass der Hype die traditionelle Sichtweise stets außen vor lasse. Doch gerade das Vertrauen vom Kunden zum Versicherer sei die wichtigste Währung jeder Versicherung. Auch die Digitalisierung habe nichts Grundsätzliches am Geschäftsmodell verändert. Allerdings befinde sich aktuell auch die Zurich, wie die gesamte Branche, in einem Spannungsfeld von technologischer Entwicklung und Tradition.
So ist die Idee einer außerhalb der Kernorganisation gelagerten Einheit - einem “Lab” - entstanden. Diese Einheit sei gespickt mit Kollegen aus den unterschiedlichsten Bereichen, wie Marketing oder KFZ, um neue Lösungen zu entwickeln und alte Muster abzulösen, so Horst. Wie beim Design-Thinking-Ansatz üblich, stehe dabei stets der Blickwinkel des Kunden im Mittelpunkt. Welche Versicherungen sind wichtig? Was erwarten Kunden von einer Versicherung? Fragen wie diese würden aus Kundensicht angegangen werden.
Es dürfe innerhalb des Unternehmens jedoch nicht der Eindruck entstehen, diese Kreativabteilungen seien besser, als die traditionell ausgerichtete Kernorganisation, sagt Horst. Eine Polarisierung unter den Mitarbeitern gelte es zu vermeiden, denn das wichtigste Asset eines Versicherers stellen nach wie vor die eigenen Mitarbeiter dar. Wenn ein Großteil der Belegschaft nicht in den Prozess eingebunden sei, bliebe Potenzial liegen. Stattdessen sollen sich die beiden Einheiten ergänzen und addieren.
Dennoch würde er ein solches “Lab” heute anders aufstellen, erklärt Horst: Man würde klar die Botschaft an die Mitarbeiter senden, dass diese externe Einheit nur temporär existiert und sie nicht über Jahre als Parallelbetrieb laufen lassen. Zudem müssten die zwei Weltbilder, die im Unternehmen unweigerlich aufeinander stoßen - Tradition und Innovation - moderiert werden. Trotz dieser Probleme seien entsprechende Weiterentwicklungen aber unausweichlich für einen zeitgemäßen Versicherer und mithilfe dieser in “Labs” entstehenden Produkte auch von konkretem Mehrwert. Auch, wenn es nur wenige Ideen in die Praxis schaffen, sei der Prozess der Ideen-Integration bereits von großem Wert für das Unternehmen.
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